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«Offenbar ist Zürich mein Zuhause»

Eine 86-jährige Frau namens Annemarie Korn spricht mich an und fragt, ob ich nicht zufällig Anaïs bin, so sähe ich nämlich aus. Am Telefon hat sie mir bereits gesagt, ich würde sie dann schon erkennen, sie habe einen Rollator und weisses Haare – doch passt eine solche Beschreibung nicht auf einige Leute im Altersheim?

Mit 19 begann sie, bei einem Verlag zu arbeiten und fand dort ihr 1929 erschienenes Lieblingsbuch: Ischia – die vergessene Insel. Es faszinierte Annemarie völlig. Also liess sie sich einen Pass machen, kaufte ein einfaches Billett und fuhr dann mit dem Schiff bis nach Neapel. Das Buch diente ihr als Reiseführer. Alles hat noch gestimmt, aber sie wusste damals nicht, dass das Buch 20 Jahre zuvor geschrieben worden war. Und im Juni fahre sie wieder ans Meer, aber natürlich nicht mehr zum Tauchen. Das gehe aus gesundheitlichen Gründen, leider, nicht mehr. Ich bin trotzdem beeindruckt, eine solch toughe Frau.

Und Züri? Sie seufzt: Ja Züri… Ich bi immer wieder zrug cho uf Züri. No chance. Sie habe alles probiert: Sie war in Berlin, in London und auch in Basel. Aber offenbar ist Zürich ihr Zuhause. Sie sagt: Mir laufed ide Altstadt vo Züri. Das macht üse Alltag us, mir treffed euis alli bim Laufe. Ich ha Züri so gern. Ich ha kei Problem mit de Snobber i Züri. Die tünd mir Leid. Da fallt mer es Basler Sprichwort i: Die chöi ja schliessli nüt defür, dass sie blöder si als mir. Züri isch e furchtbar schöni Stadt.

Anaïs Rufer sprach als JULL-Stadtbeobachterin für das Theaterprojekt «Alles in Allem» mit Annemarie Korn über das Zürich von damals.



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