An den Wänden
„Sprayereien sind Kunst der höchsten Form, weil sie der Stadt geben, was sie verdient“, steht in krakeliger Schrift an die Hauswand geschrieben. Ich beobachte, wie jemand das Werk betrachtet und den Kopf schüttelt. Vielleicht war genau das, das Ziel der Person, die diesen Satz an die Wand geschrieben hatte. Satzfetzen, welche einem entgegen springen, wenn man durch die Stadt wandert, geben manchmal Denkanstösse, die sonst nie entstanden wären. Ich habe noch nie gesprayt und werde das wohl in nächster Zeit auch nicht tun. Trotzdem fasziniert es mich, wenn ich besprayte Wände sehe. Zürich wäre trister ohne sie. Ich bin damit aufgewachsen und habe gesehen, wie sich meine Eltern darüber aufregten. Polarisierende Parolen. Sich wiederholende Tags. Manchmal bleibe ich stehen und schaue sie mir an. Wir leben in einem kostenlosen Museum.
Bild: Micha L. Rieser (auf Wikipedia)
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