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Jules Schwarz

Mauern einreissen

Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Der Rücken ganz nass. Das Gesicht verzerrt und die Augen starr auf den Horizont gerichtet. Der Kampf: Der steile Hang zum Bucheggplatz gegen mein Fahrrad und mich. Strecke den Rücken durch, neige meinen Oberkörper nach vorne und kämpfe. Fahre einfach weiter, trotz Schweissausbruch und gefühltem Atemstillstand. Einfach – weil es eben geht. Weil der Körper dazu im Stande ist, wenn Mensch will. Komme meinem eigentlichen Ziel mit jedem Tritt in das Pedal näher.

Erstmal oben angekommen. Ganz euphorisch und stolz auf mich, meinen Körper, mein Fahrrad. Schon beim Trampeln sichtete ich meinen Nachbarn auf der Wiese sitzend. Ich geselle mich für einen kurzen Moment zu ihm. Führen ein Gespräch darüber wie es uns wirklich geht. Eine Abmachung zum Ping-Pong-Spielen im Innenhof entsteht. Ich werde dann einen Ball mitbringen und er die Schläger.

Mit dem Fahrrad weiter Richtung Wald, durch Schrebergärtchen. Der süsse Duft der Blüten in der Nase. Das selige Lächeln der Menschen im Vorbeifahren. Sie, die sich zu dieser Zeit in ihrem kleinen selbstgestalteten Paradies vergnügen. Das Trampeln fühlt sich plötzlich nicht mehr so schwer an, obwohl der Weg immer noch leicht nach oben geht.

Auf dem Kiesweg im Wald ist die Luft bei meinem vierzigjährigen Fahrrad und mir endgültig draussen. Wir laufen ein Stück. Geniessen die Ruhe, den Vogelgesang, das Rascheln der Blätter. Fühlen uns geborgen unter den dicken Baumkronen der massiven Bäume. Entdecke eine Gruppe von jungen Linden. Sie scheinen uns anzulächeln. Unter uns bewegen sich die Kieselsteine und lange begegnet uns niemand mehr.

Sitzen endlich am Katzensee. Haben unser Ziel erreicht und setzen uns kurz hin. Es ist kalt geworden. Die Sonne verbleicht allmählich. Um mich herum sehe ich Feld über Feld über Feld und den winzigen See. Ich glaube ich war noch nie hier. Das Sonnenlicht am Horizont schimmert an manchen Stellen rot und orange und doch ist der Himmel noch blau. Steige wieder auf mein Fahrrad und wir machen uns in Sonnenuntergangsstimmung auf den Weg nach Hause. Ich fühle mich wach. Ich fühle mich frei. Würde zu Hause gerne meine Mauern nach draussen rausreissen.




Neus Züri

An den Wänden

Bärengasse

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