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Wer ist Stefan?

Auf dem Schild steht «Willkommen Stefan & Friends».

Grüppchen bilden sich in der feiernden Gesellschaft, wie sie es immer tun. Alle werden sie von der Kellnerin kulinarisch verwöhnt. Möchte gerne den Gesprächen lauschen, doch ich verstehe nichts.

Eine Gruppe Menschen höheren Alters sitzen in der Lounge. Eine Gruppe von fünf Männern sitzen am Tisch daneben, trinken Bier. Zwei, die ihre eigene Gruppe gebildet haben, geniessen den Apéro stehend. Die Stimmung ist gut, die Gespräche scheinen unterhaltsam und mich überrannt die drängende Frage: Wer von ihnen ist Stefan?

Ist es einer der biertrinkenden Männer am Tisch? Die alle so selbstbewusst dasitzen und lachen. Ist es einer der stehenden Geniesser? Die beiden, die im Gespräch den Körper voneinander abgewandt haben, nur ab und an einen Blickkontakt austauschen.

Nein. Denn Stefan müsste ja seine «Friends» alle kennen, nicht wahr?

Jemand aus der ziemlich ruhigen Lounge kann es auch nicht sein. Also, Stefan sitzt am Tisch. Und weshalb kann ich nicht erkennen, wer von den Tisch-Sitzern der Gastgeber ist? Hier scheinen alle gleichgestellt. Kein Leader der Gruppe, kein nervöser Gastgeber. Ja, Stefan hat sich sein Fest gemütlich gemacht. Kann hier sitzen, sein Bierchen trinken, seine Häppchen zu sich nehmen und kann feiern, ohne Aufwand zu betreiben. Und was feiert er? Zieht Stefan in einen anderen Kanton? Ist dies sein Abschiedsfest? Seine bevorstehende Hochzeit? Seine bevorstehende Trennung? Einen grossen Sprung in der Firma? Seinen Geburtstag ohne Torte? Oder kommt die noch? Das scheinbare Ende von Corona? Das Wiedersehen mit seinen Freunden?

Und so spannend Stefan für mich in den letzten Minuten geworden ist, so einfach fällt’s mir doch, den Tisch zu verlassen. Mit knurrendem Magen und gefährlichem Halbwissen, wer Stefan & seine Friends tatsächlich sind.





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