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Im 11er Tram

Im Abteil des 11er-Trams sitzt sie allein, hin und her wippend, während draussen die Häuser vorbeiziehen. Hie und da löst sich eine Träne und kullert über ihr eingefallenes, blasses Gesicht, in das das Leben und diese Stadt ihre Spuren gegraben haben. Die Falten und Tränen spiegeln die Narben, die in ihrer Seele zurückgeblieben sind von den hässlichen, harten Seiten des Lebens hier. Sie ist müde und es bleibt ihr nichts mehr, als stumm dazusitzen und sich hin und her zu wiegen, genauso unaufhörlich und rhythmisch, wie das Tram die Strasse hinabholpert.

Schon oft habe ich sie hier gesehen, auf dieser Linie, und jedes Mal frage ich mich, was sie erlebt hat und was es bräuchte, um sie zu trösten und die Tränen zum Versiegen zu bringen. Wie jedes Mal kommt schon bald meine Haltestelle, ich steige aus und renne zum Bus, der mir vor der Nase wegfährt, während die alte Frau weiter mit dem 11er-Tram ihre Runden fährt.






ETH

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